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Wann braucht ein Pferd eine Decke?

Im Winter

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Ein Pferd mit einem gesunden, natürlichen Winterfell ist hervorragend gegen Kälte, Wind und Nässe gewappnet. Die Entscheidung für oder gegen eine Decke bei einem ungeschorenen Pferd basiert fast nie auf der reinen Außentemperatur, sondern auf Nässe, Wind und Gesundheit/Körperzustand.

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Die natürliche Isolierung funktioniert am besten, wenn...

  • Trockenheit herrscht: Das trockene Fell bindet Luft und dämmt optimal. Nässe (Regen, Schweiß) kann die Isolationsschicht jedoch zusammenbrechen lassen.

  • Kein starker Wind weht: Starker, kalter Wind kann die warme Luftschicht "wegpusten" und die Isolation unwirksam machen.
     

Wann ist eine Decke wahrscheinlich NICHT nötig?

Ein gesundes, robustes Pferd mit ausreichend Futter (Heu) und einem dicken Winterfell braucht unter folgenden Bedingungen keine Decke:

  • Trockene Kälte: Selbst bei Minustemperaturen (bis ca. −10∘C), solange kein starker Wind weht. Pferde fühlen sich bei trockener Kälte oft wohler als bei feuchter Wärme.

  • Geschützte Unterstände: Wenn das Pferd Zugang zu einem Wind- und Regenschutz hat (z.B. Offenstall, Unterstand auf dem Paddock), kann es sich bei Schlechtwetter jederzeit selbst regulieren.

  • Leichte Bewegung: Das Pferd kann durch Bewegung selbst Wärme produzieren und hält sich somit warm.

 

Wann ist eine Decke sinnvoll oder notwendig?

Die Decke dient primär als Schutzmantel gegen Isolationsverlust, nicht unbedingt als Wärmespender:

  • Dauerhafter Starkregen: Das Fell durchnässt, die Dämmschicht bricht zusammen und das Pferd kühlt aus. In diesem Fall ist eine leichte, atmungsaktive Regendecke ohne Füllung sinnvoll.

  • Kalter Wind in Kombination mit Nässe: Der Wind verstärkt den Kälteverlust. Eine leichte, winddichte Outdoordecke (evtl. mit sehr leichter Füllung, 50-100g) schützt vor dem Auskühlen.

  • Krankheit, Schmerzreaktion oder hohes Alter: Wenn die Fähigkeit zur Thermoregulation reduziert ist, sollte eine Decke verwendet werden, um Energie für die Genesung oder Lebenserhaltung zu sparen (immer nach Rücksprache mit dem Tierarzt). Eine Decke ist auch sinnvoll, wenn das Pferd bei Kälte Schmerzen zeigt, zum Beispiel durch Muskelverspannungen im Rücken oder in der Lendenpartie. Die Decke hilft, diesen Bereich warm zu halten, die Muskulatur zu entspannen und so Schmerzen vorzubeugen oder zu lindern.

  • Nach dem Reiten (nass geschwitzt): Das Fell ist nass und die natürliche Isolierung zerstört. Hier muss eine Abschwitzdecke verwendet werden, bis das Pferd vollständig trocken ist.

  • Zu wenig Futter (Heu): Wenn dem Pferd ausreichend Raufutter zur Verfügung fehlt, fehlt ihm die wichtigste innere Wärmequelle (Verdauungswärme). Hier muss die ausreichende Heuversorgung die Priorität sein.
     

Faustregel: Immer die dünnste Decke wählen, die den Schutz vor Nässe und Wind gewährleistet, um die natürliche Isolationsfähigkeit nicht zu unterdrücken.

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Das gesunde, ungeschorene Pferd ist evolutionär perfekt an Kälte und Winter angepassst. Die Entscheidung für eine Decke darf daher niemals aus menschlicher Bequemlichkeit oder durch die Vermenschlichung ("Mir ist kalt, ihm muss auch kalt sein") getroffen werden.

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Im Sommer

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Während Ekzemer- und Fliegenschutz für Pferde mit tatsächlichen gesundheitlichen Problemen eine Notwendigkeit darstellen, ist der allgemeine Einsatz von Fliegendecken und Fliegenmasken oft ein Ausdruck von Vermenschlichung und mangelndem Verständnis für das natürliche Verhalten des Pferdes.

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Der Unterschied: Schutz bei Bedarf vs. Schutz auf Verdacht

  • Ekzemerdecken:

    Sie sind ein essenzielles medizinisches Hilfsmittel gegen das Sommerekzem. Die Decke dient als physikalische Barriere, um Stiche und damit das Auslösen von quälendem Juckreiz zu verhindern, der zu offenen, blutigen Wunden führt. Bei Ekzemern ist die Decke ein tierschutzrelevantes Muss und keine Option.

  • Fliegendecken und Fliegenmasken:

    Viele Pferdehalter greifen vorschnell zur Decke oder Maske, obwohl das Pferd kein offensichtliches Problem mit den Insekten hat. Das Pferd verfügt über natürliche Abwehrmechanismen (Schweif, Mähne, Muskelzucken) und ist als Herdentier an Insektenbelastung gewöhnt.
     

Die Falle der Vermenschlichung

Das Hauptproblem ist die Vermenschlichung des Pferdeverhaltens. Besitzer projizieren oft ihre eigene Abneigung gegen Mücken und Fliegen auf das Pferd und interpretieren jedes Kopfschlagen oder Schweifschlagen als massives Unbehagen:

Wir empfinden eine einzige Mücke als störend und gehen automatisch davon aus, dass die Fliegen das Pferd ebenso massiv 'nerven' müssen. Diese Haltung ignoriert die angeborene Fähigkeit des Pferdes, mit äußeren Reizen umzugehen. Das ständige Eindecken und Maskieren, selbst wenn die Tiere ruhig fressen oder entspannt dösen, ist eine Bequemlichkeitslösung für das Gewissen des Menschen und keine Notwendigkeit für das Wohl des Pferdes.
 

Wann ist der Einsatz von Decken/Masken gerechtfertigt?

Der Einsatz von Fliegenschutz ist aus Tierschutzsicht nur dann zu befürworten, wenn ein objektiver Leidensdruck besteht:

  • Medizinische Indikation (Masken): Fliegenmasken haben eine klare Berechtigung, wenn das Pferd Augenprobleme (z.B. chronische Entzündungen) hat, die durch Fliegen oder Schmutz verschlimmert werden, oder wenn hellhäutige Pferde (z.B. mit weißen Abzeichen) mit dem Nasenteil vor UV-Strahlung geschützt werden müssen, um Sonnenbrand und Hautkrebs vorzubeugen.

  • Offensichtlicher Stress: Fliegendecken und -masken sind gerechtfertigt, wenn das Pferd offensichtlichen Stress durch Insekten zeigt (z.B. panisches Wegrennen, massives Scheuern, massive Unruhe beim Fressen oder Dösen, oder panisches Kopfschlagen, das zu Verletzungen führen kann). Der individuelle Leidensdruck des Pferdes muss dabei immer im Vordergrund stehen.
     

Die Nachteile des unnötigen Schutzes

Ein übermäßiger Einsatz von Fliegenschutz kann dem Pferd sogar schaden:

  • Wärme- und Hitzestau: Auch leichte Netze können zur Überhitzung führen, besonders unter direkter Sonneneinstrahlung, da die natürliche Kühlung (Luftaustausch) eingeschränkt wird.

  • Scheuerstellen und Druckstellen: Trotz guter Passform können Fliegendecken und -masken besonders im Schulter-, Brust- und Mähnenbereich sowie an den Ganaschen (Masken) durch ständige Bewegung und Reibung schmerzhafte Scheuerstellen und Druckstellen verursachen.

  • Eingeschränkte Kommunikation: Fliegenmasken beeinträchtigen die nonverbale Kommunikation in der Herde (Mimik, Ohrenspiel), die essenziell für die soziale Interaktion ist.

  • Fehlender Härtungseffekt: Permanenter Schutz kann die natürliche Abwehrschwelle und die Toleranz gegenüber Umweltreizen senken.
     

Fliegen- und Ekzemerdecken sind wichtige Hilfsmittel, wenn ein objektiver Leidensdruck oder eine medizinische Notwendigkeit besteht. Bei gesunden, robusten Pferden sollte der Schutz nur bei starkem Insektenflug und nicht präventiv oder aus bloßer Sorge heraus eingesetzt werden.

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