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Die "Richtlinien"

Von der Kavallerie zur FN-Dressur

 

Die Wurzeln

Die Reitkunst war ein über die Jahrhunderte gewachsenes System, wie sie bis ins 18. Jahrhundert von großen Meistern (wie Pluvinel, La Guérinière, Steinbrecht) gelehrt wurde, folgte einer klaren, pferdegerechten Philosophie.

Gustav Steinbrecht war der wichtigste Verfechter der Gymnastizierung im deutschen Raum. Sein Fokus lag auf der Losgelassenheit als Schlüssel und der Geraderichtung als Voraussetzung für die Versammlung. Er lieferte damit die philosophisch-gymnastische Grundlage, von der die spätere Militärreiterei teilweise abwich.
Das Ziel war die höchstmögliche Gymnastizierung und Veredelung deines Pferdes bis zur vollkommenen Versammlung in Harmonie mit dem Reiter. Dies sollte durch feinste Hilfen, Geduld und ohne jeglichen Zwang erreicht werden.

Im Mittelpunkt stand die Kräftigung und Beugung der Hanken, um die Lastaufnahme zu verbessern. Dein Pferd sollte lernen, das Gewicht vermehrt auf die Hinterhand zu verlagern, den Rücken aufzuwölben um den Reiter unbeschadet tragen zu können.

Lektionen wie Piaffe und Passage waren reine Gymnastikübungen, die dazu dienten, die Pferde zu kräftigen. Die Ausbildung der "Haute École" war ein Prozess von vielen Jahren, bei dem jeder Schritt sorgfältig auf die individuelle Entwicklung und das Wohlbefinden deines Pferdes abgestimmt wurde.

 

HDV 12

Nach dem Aufkommen der Kavallerie wurde die Reitlehre militarisiert. Die Heeresdienstvorschrift 12 (HDV 12) war die maßgebliche Vorschrift.

  • Die HDV 12 war primär auf die Fortbewegung von Truppen und die schnelle Ausbildung von Pferd und Reiter für den militärischen Einsatz ausgelegt. Das Pferd musste zuverlässig, wendig und vor allem marschtauglich sein.

  • Die Vorschrift musste einen Weg finden, Remonten (junge Pferde) in vergleichsweise kürzerer Zeit zu einer gewissen Gebrauchsfertigkeit zu bringen. Der Fokus lag daher weniger auf der jahrelangen, perfekten gymnastischen Entwicklung der Hankenbeugung, sondern auf der schnellen Herstellung von Gehorsam und Durchlässigkeit (Reaktion auf Zügelhilfe).

  • Das Training war auf die Anforderungen des Geländes und der Kriegführung zugeschnitten und stand damit im Gegensatz zur individuellen, konzentrierten Arbeit der klassischen Meister.

 

Die kritische Bruchstelle

Die zentrale Kritik zielt auf die Übernahme der HDV 12 als Blaupause für die FN-Richtlinien:

  • Die FN-Richtlinien für Reiten und Fahren basieren stark auf der Systematik der HDV 12, da viele ehemalige Kavallerieoffiziere, welche selbst nach der HDV 12 ausgebildet wurden, nach dem Krieg die Basis des zivilen Reitsports bildeten. Die Richtlinien versuchen, die militärische Struktur der Ausbildung in ein ziviles, sportliches System zu übertragen.

  • Die HDV 12 setzte eine andere Pferdebasis voraus und diente einem anderen Zweck. Wenn die heutigen Richtlinien die Struktur der HDV 12 verwenden, ohne die gymnastischen Feinheiten der ursprünglichen klassischen Lehre und den Zeitfaktor zu integrieren, fehlen wichtige Schritte zur Erreichung der echten Losgelassenheit und Hankenbeugung.

 

Das Verschlimmbessern

Die stärkste Kritik betrifft die Ausführung und Bewertung der hohen Dressurlektionen, die heute oft nicht mehr ihren ursprünglichen gymnastischen Zweck erfüllen.
Viele moderne Lektionen werden auf Effekt geritten (hohe Beine, spektakuläre Haltung), anstatt auf gymnastische Korrektheit (Losgelassenheit, Schwingung, tatsächliche Lastaufnahme).

Zum Beispiel war die Piaffe in der klassischen Reitkunst eine reine Gymnastikübung zur Kräftigung und Hankenbeugung der Hinterhand. Sie diente dazu, die Lastaufnahme zu verbessern.

Heute wird die Piaffe oft durch Zwang oder Druck erzeugt, bevor die Hinterhand tragfähig ist.

Anstatt dass die Hinterbeine unter den Schwerpunkt treten, die Hanken beugen und die Hüfte gebeugt wird, verlagert das Pferd das Gewicht nach vorne. Die Hinterbeine werden übermäßig hochgezogen und die Vorderbeine setzen Rückständig auf, während die Hinterhand wenig Last aufnimmt. Dies ähnelt eher einem dynamischen Balancieren auf den Vorderbeinen ("Handstand") als einer gymnastisch korrekten Lastaufnahme der Hinterhand.

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Die Non-Blood-Rule

Die Verschiebung der Prioritäten vom Wohl des Pferdes zum Erfolg zeigt sich drastisch in der Handhabung der Regeln bei Verletzungen.

Ursprünglich bedeutete Blut am Pferd (meist im Maulbereich, aber auch von Sporen an den Flanken) die sofortige Disqualifikation. Dies war ein klarer ethischer Standard, Zwang und Verletzung haben im Sport nichts zu suchen.

Die Regeln wurden gelockert. Heute ist es in vielen Fällen erlaubt, das Pferd nach einer kurzen Begutachtung durch einen Tierarzt weiterzureiten.

Die Begründung lautet oft, das Pferd habe sich "auf die Zunge gebissen", was durch die viel zu fest zugeschnürten Reithalfter meist eh überhaupt nicht möglich ist. In der Regel ist Blut eine Folge von viel zu harten Zügelhilfen. Eine Verletzung, die auf Zwang zurückzuführen ist, sollte keine Duldung finden. Die Erlaubnis, weiterzureiten, signalisiert, dass der sportliche Erfolg wichtiger ist als das unmittelbare Wohlbefinden des Tieres und widerspricht dem Geist der klassischen Lehre.

 

Die Reitlehre muss wieder stärker zu den rein gymnastischen Prinzipien der Klassik zurückfindet und die Bewertung im Sport die korrekte biomechanische Funktion über den reinen Show-Effekt stellt.

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